Innovationsprojekt Klimaschutz
Klimaschutzprojekte mit besonderer Strahlkraft und besonders hohem Innovations-Niveau wurden und werden vom Land NRW als „Innovationsprojekt Klimschutz“ ausgezeichnet.

Projekte aus Kommunen und Unternehmen
Kommunen und Unternehmen sind für die Umsetzung von Energiewende und Klimaschutz wichtige Akteure. Vorbildliche Good-Practice Projekte von Städten und Gemeinden sowie von kleinen und größeren Unternehmen finden Sie hier.

Rückschau

Von September 2016 bis März 2019 wurde das EFRE-geförderte Projekt „Zwischenpräsentation der KlimaExpo.NRW – die MitmachExpo“ durchgeführt.

Saerbeck, Nordrhein-Westfalen - 2017

Klimakommune Saerbeck – Eine Gemeinde auf dem Weg zur Klimaneutralität

KommEN

Energiewende, Klimaschutz und Klimaanpassung ganz praktisch – dafür steht die Gemeinde Saerbeck im nördlichen Münsterland (NRW). Die 7.200-Einwohner-Kommune will bis zum Jahr 2030 den Umstieg auf regenerative Energie schaffen und ist auf einem guten Weg. Fünf Jahre nach dem Projektstart 2009 konnte das erste, äußerst symbolträchtige Etappenziel bereits erreicht werden: In Saerbeck wird ca. dreieinhalb Mal mehr regenerativer Strom erzeugt als insgesamt im Ort verbraucht wird.

Kernprojekt zur Verwirklichung der Klimaschutzziele ist der Bioenergiepark Saerbeck (BEP), der auf dem 90 ha großen Gelände eines ehemaligen Munitionsdepots der Bundeswehr errichtet wurde und ein gelungenes Beispiel für die Konversion eines Militärgeländes darstellt. Wo einst Panzermunition und Granaten lagerten, sind heute an einer Stelle Biogas, Photovoltaik und Windkraft konzentriert. Der BEP verfügt über eine Leistung von 29 Megawatt elektrischer Energie. 6 MWpeak gehen auf das Konto von Photovoltaikanlagen, die auf den ehemaligen Bunkern errichtet wurden, 21 MW Leistung tragen sieben, ca. 200 Meter hohe Windkraftanlagen bei, mit jeweils einem MW sind eine Biogasanlage und eine Kompostanlage beteiligt.

Insgesamt wurden 70 Mio. € in erneuerbare Energien investiert. Alle Anlagen sind Bürgerenergieanlagen.

Alle Projekte der Klimakommune sind getragen durch die enge Verknüpfung von technischem Ausbau und begleitender Informations- und Wissensvermittlung. Dafür stehen zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen sowie alle drei Leitprojekte der Klimakommune (z.B. Energie-Erlebnispfad, Projektwochen mit Schulen, Veranstaltungen). Nach den ersten Projektjahren wurde eine sechsstufige klimapolitische Bildungsarbeit aufgebaut, die ein Bildungsangebot vom Kindergarten bis ins Erwachsenenalter umfasst. Seit November 2015 übernimmt der außerschulische Lernstandort Saerbecker Energiewelten im Bioenergiepark eine zentrale Aufgabe. In den Saerbecker Energiewelten trifft das Lernen und Experimentieren am Modell auf modernste Technik zur Erzeugung regenerativer Energien und zur Energiespeicherung vor Ort. Theorie und Praxis werden am funktionierenden Objekt anschaulich mit einander verknüpft. Dazu wurden ehemalige militärische Funktionsgebäude im Bioenergiepark zu einem Schülerlabor umgebaut und ergänzende Außenstationen im Gelände aufgebaut.

Bislang besuchten über 60.000 Menschen die Klimakommune, darunter sind zunehmend ausländische Gäste. Mit den Kommunen Morris in den USA und Shinchi in Japan bestehen enge Klimaschutz-Partnerschaften.

Hintergrund

Grundlage der Entwicklung zur Klimakommune ist ein Integriertes Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzept. Ziel ist eine Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030. Das betrifft die Stromversorgung, die Wärmeversorgung und die Mobilität. Insgesamt wurden 150 Einzelmaßnahmen in 7 Handlungsfeldern und 3 Leitprojekten erarbeitet. Dies war die Zielsetzung für die anschließende Projektumsetzung. Von Beginn an stand dabei die Beteiligung möglichst aller lokalen Akteuren im Vordergrund der Projektumsetzung. Das betrifft zahlreiche gemeinsame Umsetzungsaktionen, Veranstaltungen Aktivitäten und insbesondere die aktive und finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Errichtung der Anlagen im Bionenergiepark. Die Bürgergenossenschaft Energie für Saerbeck sammelt etwa 400 Mitglieder und ist eine der größten Investoren im Bioenergiepark. So kann jeder Saerbecker bereits mit geringem finanziellem Aufwand in Projekte der Klimakommune investieren. Das bedeutet nicht zuletzt eine hohe Identität mit den Projekten und zeigt die Sinnhaftigkeit lokalen Klimaschutzes vor Ort: „Wir sind Klimakommune“.

Besonderheiten

Hohe lokale Wertschöpfung, breite Akzeptanz, Bildungs- und Transferarbeit bilden die wichtigsten Grundpfeiler der Projekte der Klimakommune. Dabei ist es gelungen weite Teile der Bevölkerung und zahlreiche lokale Akteure aus Landwirtschaft, Gewerbe und Wirtschaft in Projekt der Klimakommune einzubinden. Dabei stehen diese nicht nebeneinander, sondern schaffen im Sinne eines ganzheitlichen integrierten Handlungsanasatzes gegenseitige Synergien. Dafür steht auch, dass ca. ein Drittel des Bioenergieparks ausschließlich dem Natur- und Artenschutz vorbehalten ist (Dreiklang von Klimaschutz-Artenschutz- Naturschutz).

Eine umfangreiche begleitende Bildungs- und Transferarbeit sichert eine erfolgreiche Umsetzung der Projekte. Viele Menschen in Saerbeck werden so auf drei Ebenen in die Projekte eingebunden:

  • ideell in der Überzeugung, dass lokaler Klimaschutz einen nachhaltigen Mehrwert für das örtliche Gemeinwesen und die Stärkung lokaler Identität bedeutet
     
  • finanziell durch Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, Gewerbetreibenden und weiterer lokaler Akteure an den Investitionen mit Maximierung der lokalen Wertschöpfung erneuerbarer Energien
  • faktisch durch konkrete Projekte zum Klimaschutz, die von Beginn an durch Kooperation der Akteure mit geplant und umgesetzt wurden und zu einer sehr hohen Mitwirkungsbereitschaft und Akzeptanz in der Breite der Bevölkerung geführt haben.

Die Umnutzung einer militärischen Konversionsfläche in einen Nutzungsmix erneuerbarer Energien ist ein Alleinstellungsmerkmal der Klimakommune.

Finanzierung

Die Investitionen im Bioenergiepark sind ausschließlich durch lokale und regionale Mittel bereitgestellt. Saerbecker Landwirte und ein lokaler Biogasanlagenbauer betreiben die Biogasanlage, der Kreis Steinfurt ist Eigentümer des Kompostwerkes, die Energiegenossenschaft betreibt den PV Power-Park und ist Eigentümerin einer Windenergieanlage. Lokale Gewerbetreibende haben in weitere Windenergieanlagen investiert.

Für die Umsetzung des Konzeptes wurden Sondermittel des Landes NRW, Mittel der Nationalen Klimaschutzinitiativ, der LEADER-Förderung sowie Stiftungsmittel in Anspruch genommen.

Ergebnisse

Der CO2-Ausstoß pro Einwohner konnte von 9 auf 5,5 Tonnen pro Jahr gesenkt werden.

Von den 150 Projekten sind etwa 25% abgeschlossen, 50% bleiben in der Umsetzung und 25% der Projekte sind noch umzusetzen, neue Projekte sind angefangen (Speicherprojekt, Monoklärschlammverbrennung).

Schwerpunkte der kommenden Jahre werden insbesondere Projekte zur Wärmewende und der Ausbau der E-Mobilität. Dies sind die nächsten Schritte in der Zielerreichung einer Klimaneutralität in Saerbeck (klimaneutrale Wärmeversorgung Neubaugebiet, E-Carsharing u.a.m.).

Mit Inbetriebnahme des neuen Bürgerwindparks Sinningen im Frühjahr 2018 wird die Versorgungsquote mit erneuerbaren Energien in Saerbeck bei etwa 500% liegen.

Veröffentlichung

Autor: Klimakommune Saerbeck
Stand: 2017

Standort

Kreis: Steinfurt
Region: Münsterland
Reg.-Bez.: Münster

Kontakt

Gemeinde Saerbeck
Ferrières-Str 11
48369 Saerbeck
Tel.: 02574 89202
E-Mail
E-Mail: klimakommune@saerbeck.de

Selbsteinschätzung

Links

» Klimakommune Saerbeck
» Saerbecker Energiewelten
» Youtube: Klimakommune Saerbeck

European Energy Award

Maßnahmenbereiche

1.1 Konzepte, Strategie
3.3 Lokale Energieproduktion auf dem Gebiet der Kommune
6.4 Kommunikation und Kooperation mit Einwohner und lokalen Multiplikatoren